Die Cannabis-Legalisierung in Deutschland wird Wirklichkeit

Die Cannabis-Legalisierung in Deutschland wird Wirklichkeit

In diesem Artikel behandeln wir folgende Themen:

Die Cannabis-Legalisierung in Deutschland hat am 23. Februar eine weitere wichtige Hürde genommen, denn der Bundestag bestätigte mit 407 Stimmen bei 226 Gegenstimmen und 4 Enthaltungen das Reformvorhaben der Bundesregierung. Die Abstimmung markiert eine wichtige Weichenstellung, sodass ab dem 1. April 2024 in Deutschland legal gekifft werden darf. Lediglich aus Bayern droht noch eine Verzögerung, weil die Landesregierung aus CSU und Freien Wählern angekündigt hat, den Vermittlungsausschuss zu beauftragen, sich mit dem neuen Gesetz zu befassen.

 

Mit Spannung wird deshalb die Abstimmung im Bundesrat erwartet, der am 22. März zusammentreten wird, um über die Legalisierung von Cannabis zu beratschlagen. Rechtlich bindend ist das Votum des Bundesrats dennoch nicht, sodass Kiffer von dieser Seite aus nicht mehr viel zu befürchten haben. In diesem Beitrag befassen wir uns genauer mit den Eckpfeilern des Reformprojektes und gehen auf die Neuregelungen im Detail an.

Möglichkeiten für den legalen Erwerb

Die meisten Cannabis-User interessiert die Frage, wie sie ab dem 1. April legal an Cannabis-Produkte gelangen können. Die gute Nachricht gleich zu Beginn: Da Kiffer ab diesem Zeitpunkt bis zu drei Hanfpflanzen anbauen dürfen, gewinnt die bequeme Methode, die Hanfpflanzen und Hanfsamen beiuns über den Online-Handel zu erwerben, weiter an Attraktivität. Trotz der Legalisierung bleibt der Erwerb von verarbeiteten Hanferzeugnissen verboten. Um an Haschisch und Marihuana zu gelangen, hat der Gesetzgeber zwei Möglichkeiten geschaffen.

Zucht von Hanfpflanzen

Wie geschildert, dürfen volljährige Konsumenten ab dem 1. April bis zu drei Hanfpflanzen anbauen. Aufgrund der monatlichen Obergrenze von 50 Gramm getrocknetem Cannabis sind Züchter zur Vernichtung des Teils der Ernte verpflichtet, der über dieses Limit hinausgeht. Dies gilt auch deshalb, weil die Weitergabe an andere Konsumenten nicht erlaubt ist. Die Produkte der Hanfpflanze dürfen ausschließlich für den Eigenbedarf genutzt werden. Züchter sind dazu verpflichtet, die Aufzucht der Hanfpflanzen so zu gestalten, dass Unbefugten der Zugang zu ihnen erschwert wird.

Mitgliedschaft im Cannabis-Club

Die andere Möglichkeit zum Erwerb von Cannabis besteht in einer Mitgliedschaft in sogenannten Anbaugesellschaften. Bei ihnen handelt es sich um Cannabis-Clubs, die in Ländern wie Spanien, Belgien und den Niederlanden schon seit mehreren Jahren existieren.


Der Erwerb in Cannabis-Clubs kann als Zwischenstufe zwischen einer vollständigen Legalisierung und der Prohibition betrachtet werden. Zu beachten ist, dass sich diese Anbaugesellschaften erst ab dem 1. Juli 2024 konstituieren dürfen. Experten rechnen allerdings damit, dass sich aufgrund der hohen Nachfrage recht schnell eine flächendeckende Versorgung in Deutschland einstellen wird.

 

Bei einer Mitgliedschaft in einer Anbaugesellschaft erhalten Mitglieder ab 21 Jahren das Recht zum Erwerb von bis zu 50 Gramm getrocknetem Cannabis monatlich, wobei sie an einem einzelnen Tag bis zu 25 Gramm der Erzeugnisse erhalten dürfen. Bei Heranwachsenden (18 bis 20 Jahre) reduziert sich die monatliche Höchstgrenze auf 30 Gramm und der THC-Anteil des erworbenen Cannabis darf nicht größer als 10 Prozent sein.

Was ist mit den lizenzierten Fachgeschäften?

Das Reformprojekt der Ampel sah ursprünglich den Erwerb von Cannabis in lizenzierten Fachgeschäften vor. Doch nach heftigem Gegenwind in der Gesellschaft und in Rücksicht auf die rigide EU-Gesetzgebung wird es diese niedrigschwellige Möglichkeit der Versorgung vorerst nicht geben. Angedacht ist hingegen die Erprobung dieser Option in ausgewählten Modellregionen. Vorgesehen ist eine fünfjährige Erprobungsstufe bei einer wissenschaftlichen Begleitung. Nach Abschluss der Erprobungsphase werden die gesammelten Erfahrungen ausgewertet. Danach entscheidet sich, ob sich das Modell für eine flächendeckende Einführung eignet.

Welche Regeln gelten für die Anbaugesellschaften?

Als Anbaugesellschaften sind die Cannabis-Clubs Interessenverbände von Cannabis-Konsumenten, die sich selbstständig um den Anbau von Hanfpflanzen und die Weitergabe an ihre Mitglieder kümmern. Der Betrieb verläuft organisatorisch nach Vorbild des Vereinsrechts und auf genossenschaftlicher Grundlage. So orientiert sich die Anbaumenge von Cannabis-Erzeugnissen an dem Bedarf, während Werbung und Profite unzulässig sind. Des Weiteren ist die Gründung eines Cannabis-Clubs an eine behördliche Erlaubnis gebunden und die Gründer müssen ihre Zuverlässigkeit und Geschäftsfähigkeit nachweisen.

 

Nach dem neuen Cannabis-Gesetz dürfen Cannabis-Clubs bis zu 500 Mitglieder haben. Diese haben sich in die Vereinstätigkeit einzubringen und müssen regelmäßige Mitgliedsbeiträge entrichten. Als Gegenleistung können sie unter Einhaltung der gesetzlich bestehenden Obergrenzen unverarbeitete Cannabis-Produkte erhalten. Außerdem sieht der Gesetzgeber den zusätzlichen Erwerb von monatlich sieben Hanfsamen und -stecklingen vor.

 

Eine weitere Vorgabe ist die Einhaltung einer 250 Meter umfassenden Sperrmeile vor Kinder- und Jugendeinrichtungen. Der Konsum ist in den Räumlichkeiten der Cannabis-Clubs verboten und nur ab einem Radius von mindestens 100 Metern erlaubt. Dem Vorstand obliegt eine sorgfältige Dokumentationspflicht zu den hergestellten und abgegebenen Erzeugnissen. Auf eine sichere Lagerung und Umzäunung ist zu achten, um zu verhindern, dass Unbefugte sich der Produkte ermächtigen. Abschließend müssen die Anbaugesellschaften Beauftragte für den Jugendschutz und zur Suchtprävention benennen.

Kiffen in der Öffentlichkeit: Wo darf gekifft werden?

Für Kiffer gehört der nun straffreie Konsum von Haschisch und Marihuana zu den Highlights des neuen Cannabis-Gesetzes. Dieses wird tatsächlich ab dem 1. April Realität sein. Um dabei nicht in einen Konflikt mit dem Gesetzgeber zu geraten, sollten sich Konsumenten mit den Ausnahmen beschäftigen, auf die wir im Folgenden eingehen werden. In unserer Liste zeigen wir, wo nicht gekifft werden darf:

 

  • im Umkreis von 100 Metern von Schulen, Kitas, Vereinen und Spielplätzen
  • in Sichtweite von Minderjährigen
  • in Fußgängerzonen zwischen 7 und 20 Uhr
  • in öffentlich zugängigen Sportstätten
  • in militärischen Einrichtungen

 

Die Umsetzung der Tabuzonen ist vor allem mit Blick auf die 100-Meter-Sperrmeile vor Schulen, Kitas, Vereinen und Spielplätzen für alle Beteiligten herausfordernd. Diese praktischen Schwierigkeiten waren die Ursache dafür, warum die ursprünglich auf 200 Meter ausgedehnte Sperrmeile auf einen Radius von 100 Metern reduziert wurde. Um auf Nummer sicher zu gehen, empfiehlt sich für Konsumenten die Nutzung moderner, digitaler Hilfsmittel. So sind bereits heute in verschiedenen Regionen die Verbotszonen für das Kiffen anschaulich markiert.

Umgang mit Medizinalhanf

Eine Vorstufe zum neuen Cannabis-Gesetz der Bundesregierung war die Legalisierung von Cannabis auf Rezept, die 2017 in Deutschland erfolgt ist, um Betroffenen von schwerwiegenden Erkrankungen wie Multiple Sklerose, chronische Schmerzen, Epilepsie, Morbus Crohn, Colitis ulcerosa und Glaukom Erleichterung zu verschaffen.

Die Verschreibung war allerdings an strenge Auflagen gebunden und durfte lediglich bei einer nachgewiesenen Therapieresistenz erfolgen, wenn andere Behandlungsmethoden erfolglos blieben. Durch die Streichung von Cannabis aus der Liste verbotener Substanzen auf Grundlage des Betäubungsmittelgesetzes wird die Verschreibung von Cannabis auf Rezept Ärzten künftig erleichtert.

Was ändert sich für Autofahrer?

Bislang galt für das Führen eines Kraftfahrzeugs de facto eine Null-Toleranz-Grenze. Diese wurde durch die Höchstgrenze von einem Nanogramm THC pro Milliliter im Blutserum realisiert. Dabei handelte es sich um einen Grenzwert, der selbst für Gelegenheitskiffer nur schwerlich einzuhalten war, weil dieser Grenzwert nach einmaligem Kiffen noch für einige Tage überschritten werden konnte. Nach Inkrafttreten des Cannabis-Gesetzes der Bundesregierung ab dem 1. April soll dieses strikte Fahrverbot nach einem Cannabis-Konsum aufgehoben werden. Eingeführt werden soll ein realistischeres Höchstlimit, das sich an der 0,5-Promille-Grenze beim Alkoholkonsum orientiert.

Zur Einordnung des Cannabis-Gesetzes

Die Verabschiedung des Cannabis-Gesetzes erforderte von den politischen Entscheidungsträgern zweifellos eine größere Menge an Mut und Courage, musste sich die Ampel bei ihrem Vorhaben mit größeren Widerständen auseinandersetzen. Diese Gegenstimmen weisen einen vielschichtigen Charakter auf. Im Bundestag sind die CDU/CSU und die AfD gegen das Cannabis-Gesetz eingestellt, während in der Gesellschaft energische Gegenstimmen von Ärzten, Wissenschaftlern, Lehrern, Richtern und Polizisten zu vernehmen sind.

 

Wichtig ist für die Einschätzung des Cannabis-Gesetzes ebenfalls der Widerstand aus Brüssel, weil Cannabis nach dem Schengener Abkommen weiterhin als Droge und damit verbotene Substanz gilt und EU-Mitgliedsländer dazu verpflichtet sind, den Handel und die Einfuhr von Cannabis zu unterbinden. Der Widerspruch des Cannabis-Gesetzes mit den Rahmenbedingungen der EU galt als größte Hürde für das neue Gesetz und viele Experten befürchteten gar ein Scheitern des Vorhabens nach dem Muster von Luxemburg.

 

Damit bewiesen die Entscheidungsträger des Cannabis-Gesetzes einen langen Atem und die nötige Beharrlichkeit, dass diese Reform verwirklicht werden kann, die trotz aller Kompromisse vor allem mit Blick auf die Verweigerung der direkten Einführung der lizenzierten Fachgeschäfte einen Paradigmenwechsel darstellt, der endgültig Schluss macht mit der Prohibitionspolitik der vergangenen Jahrzehnte. Diese Entkriminalisierung trägt zum entspannteren Umgang mit Cannabis bei und verhilft Erwachsenen zu mehr Selbstbestimmung.

Wie sicher ist das Cannabis-Gesetz? Ein Ausblick

Wir schütten nicht gern Essig in den Wein, fühlen uns aber dazu verpflichtet, weil der politische Trend in Europa und Deutschland sich gegenwärtig eindeutig nach rechts verschiebt. So kommen CDU/CSU und AfD in Umfragen derzeit auf rund 50 Prozent, während sich mit dem linkskonservativen BSW und der rechtskonservativen Werteunion Anfang 2024 zwei politische Parteien aus dem konservativen Spektrum gegründet haben, denen Beobachter den Einzug in den Bundestag zutrauen. Untypisch ist solch ein Verhalten zwar nicht, weil der Konservatismus als politische Idee grundsätzlich in Krisenzeiten reüssiert, da nur er Stabilität und Beständigkeit in einer unruhigen Zeit zu gewährleisten scheint.

 

Diese Beobachtung ändert freilich nichts daran, dass das neue Cannabis-Gesetz in der nächsten Legislaturperiode von der neuen Bundesregierung wieder einkassiert werden kann. So kann die Aussage des Bundestagsabgeordneten Tino Sorge (CDU) nicht anders als Warnung eingeordnet werden, der unmissverständlich ankündigte: „Dieses verantwortungslose und gefährliche Gesetz wird eines der allerersten Ampel-Projekte sein, die wir nach einem Regierungswechsel rückgängig machen werden.“